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Salsa - Geschichten, Teil III:

Sonne – Liebe – Salsa

Eine kleine Kurzgeschichte von C.Domingo für eine Freundin

Hier wieder eine nette Geschichte von unserem Leser C. Domingo aus Leverkusen:

"Endlich!" dachte sie. "Ruhe!" Das Zimmer war einfach möbliert. Gleich neben dem Eingang war ein kleiner Garderobenständer, an dem eine Zeitung aufgehangen war. Der dunkle Flur wies gegen ein offenes Fenster, welches von einer alten grauen Gardine verdeckt wurde. Links und rechst lagen die Zimmer - links das Bad, rechst das Schlafzimmer. Ein Wohnzimmer im eigentlichen Sinne gab es nicht. Nein, der Flur verbreiterte sich am Ende und bot so einigen Sitzmöbeln Raum. Die Einrichtung war eher spartanisch, bei dem günstigen Preis aber angemessen.

Alexandra hatte sich kurzfristig für diese Reise entschieden. Sie war urlaubsreif. Es war so viel in letzter Zeit passiert und sie brauchte einfach etwas anderes - Abwechslung und Gelegenheit mal alles in Ruhe zu überdenken. Ihr Beruf forderte allerhand Einsatz und sie tat es eigentlich gerne, wenn es nicht manchmal einfach zu viel wurde. Und überhaupt war die zurückliegende Jahreszeit nicht gerade erfrischend gewesen. Der Winter und fast der gesamte Frühling waren kalt und verregnet. Eine Zeit, in der Depressionen vorprogrammiert sind. Da waren ihr Exfreund und der eigene Freundeskreis, die in der letzten Zeit doch ziemlich abgenervt hatten. Alexandra brauchte einfach mal Zeit für sich. Also ging sie in ein Reisebüro und buchte diesen günstigen Flug in die Karibik.

Sie legte sich auf das Bett im Schlafzimmer. Die Matratze war durchgelegen und sie lag wie eine Banane gekrümmt darauf. Alexandra seufzte kurz, denn sie merkte wie die Anspannung des Fluges von ihr abfiel. Es hatte unendlich lange gedauert, doch nun war sie da. Sie roch etwas modriges, das kam wohl durch die alten Möbel im Zimmer. Es roch aber nicht unangenehm, eher alt und viel bewohnt. "Wer hier wohl schon so alles gelegen haben mochte?" dachte sie. Einen kurzen Augenblick gewahr sie etwas salziges in der Luft. Das Meer war nicht weit weg. Gott sei dank, denn bei diesen Reiseveranstaltern wusste man nie so recht, ob das Angebot das einhielt, was es versprach. Ein Kribbeln durchzog ihren Körper. Alles fiel in diesem Moment von ihr ab. Der ganze Stress und die Sorgen. Sie spürte wie sie lebte, sie war zwar alleine, doch es fehlte ihr an nichts. Alexandra musste grinsen. "Hurra, endlich bin ich im Urlaub!"

Nachdem Alexandra sich in ihrem Apartment eingerichtet hatte, erkundete sie die Pension. Ihr Zimmer lag im ersten Stock und im Erdgeschoss befanden sich die üblichen Aufenthalts-und Essräume. Das Personal war sehr einfach, doch zuvorkommend nett. Die Mentalität spürte man und der Laden war wohl auch so eine Art Familienbetrieb. So ein bischen umsorgt und verwöhnt werden, dagegen hatte sie nichts einzuwenden. Als sie an der Rezeption vorbeiging, da wurde sie freundlich gegrüsst. Vor dem Gebäude windete sich eine Kopfsteinpflasterstrasse in Richtung des kleinen Fischerhafens. Alexandra hatte Glück gehabt. Das Städtchen war einfach und viel Tourismus gab es hier nicht. Die nächst gelegene grosse Stadt war nicht weit und mit Taxi oder Bus gut zu erreichen.

Der Himmel war stahlblau. Es war angenehm warm und eine leichte Brise fuhr durch die Gassen. Alexandra spürte ihren Entdeckertrieb. Sie kam sich wie neugeboren vor. Alles war fremd und irgendwie unbekannt. Die Menschen bemerkten sie beim vorbeigehen und nickten ihr freundlich zu. Sie fühlte sich vom ersten Augenblick an aufgenommen. "Komisch!", dachte sie, "in Deutschland ist man oft so einsam und fremd. Keiner achtet so recht auf den anderen". Verschiedene Gerüche strömten auf sie im Vorbeigehen ein. Sie kam an einem Bäcker vorbei, wo das Brot noch in einem alten Steinofen im Hinterhaus gebacken wurde. An dem kleinen Blumengeschäft, wo eine kleine schrullige Frau emsig herumwuselte und den Kunden die schönsten Blumen zeigte, roch sie die Vielfalt dieser subtropischen Region. Da waren farbenprächtige Blüten, palmenartige Gewächse, Kakteen und Pflanzen, deren Namen sie wohl nie aussprechen können würde.

Am Ende der Strasse kam sie an einem kleinen Fischerbetrieb vorbei. Es duftete nun ganz kräftig nach Salz. Dort wurde der gefangene Fisch zu Stockfisch verarbeitet. Die Einheimischen konservierten damit den kostbaren Fang und kochten herzhaft zubereitete Gerichte. Endlich konnte sie das Meer in seiner ganzen Ausbreitung sehen. Sie ging bis zum Kai, welches aus riesengrossen Basaltsteinen errichtet wurde. Die Farben lagen zwischen dunkel-grau bis Sane-weiss. Das tief dunkelblaue Wasser bildete dazu einen glasklaren Kontrast. Die Wellen liefen mit grosser Kraft in den Hafen ein und wurden durch die Brecher immer kleiner, bis sie am kleinen Strand nur noch lustig dahinpurzelnd ankamen. Alexandra suchte sich einen übersichtliche Platz und setzte sich hin. Die Sonne schien nun kräftig und sie merkte die Macht, welche von ihr ausging. Diese Region war wohl sehr verwöhnt, was die Sonnentage anging. Sie atmete mehrere male tief ein und fing an zu träumen.

Viele Menschen standen dichtgedrängt beieinander. Von irgendwoher kam Musik. Es war bunt und überall war Bewegung. Es war nicht deutlich zu sehen, was passierte. Nur langsam legte sich der Dunst und sie sah im Hintergrund eine grosse Tribüne. Die Musik kam von dort. Sie wollte näher heran, doch die Leute versperrten ihr den Weg. Sie hatte grosse Mühe und es war so als wenn sie nicht vom Fleck weg kommen würde. Plötzlich spürte sie eine warme Hand. Erst erschrak sie, doch dann merkte, nein, empfand sie die Güte, die darin lag. Es zog sie durch die Mengen und alles wich wie von selbst zur Seite. Auf der Bühne waren viele Leute zu sehen. Alle trugen ein anderes Instrument. Die Musik war nun laut und sie spürte den Rhythmus in ihre Muskeln fließen. Es war ihr so, als wenn sie infiziert wurde. Sie bewegte sich unwillkürlich. Der Rhythmus war gleichmäßig betont und klang wie "taaa-ta-ta-taaa-ta-ta", ihre Hüften bewegten sich hin und her. In kreisenden Bewegungen merkte sie plötzlich, wie die magische Hand sie führte und eine zweite sie an der Schulter fasste. Der Druck war deutlich, aber zärtlich. Doch so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte ihn nicht erkennen. Ihre Sinne waren hellwach. Der Boden unter ihren Füssen bebte. Geschmeidig liefen diese hin und her, verdrehten sich, stoppten und kamen wieder in Bewegung. Ihr Körper spürte den Schweiss, wie er ihr den Rücken herunterlief. Ihre Arme waren nass, doch die leichte Briese gab etwas Kühlung. Die Nähe zu ihrem Tanzparnter war so deutlich. Sie hörte ihn atmen, roch seinen Körper. Der Geruch hatte etwas reifes, markantes, aber nicht aufdringliches. Sie spürte seine Muskeln, sie waren kräftig und seine Haut weich aber elastisch.

Ihr Körper drehte sich, wurde von ihm aufgenommen, weggeleitet, um wieder von ihm berührt zu werden. Sie fühlte sich so unsagbar schön. Ihre Ausstrahlung war wie ein gleissendes Licht, das von ihr ausging. Die Welt schien zu stehen. Sie spürte jeden Moment, immer wieder neu und es geschah immer wieder. Ihre kleinen Härchen am Körper richteten sich auf und sie bekam eine Gänsehaut.

Zeit, was war das? Nicht einfach nur eine Vorstellung im Kopf eines Menschen? Sie spürte das Leben und das Jetzt und das erfüllte sie mit so viel Liebe, wie sie es sich nie erträumt hätte...

Wie ein kurzer Blitz durchzuckte es ihren Körper. Sie war wahrhaft eingeschlafen. Ihre Sinne sortieren sich. Sie merkte wieder wo sie war, spürte die Sonne, atmete die Luft des Ozeans und hörte die Möven kreischen. Alexandra räkelte sich und musste kurz schmunzeln. "Das war vielleicht ein schöner Traum gewesen." Sie erhob sich und machte sich wieder auf die Wanderschaft.

Entlang einer hohen Mauer kam sie an einen grossen Platz, der vollständig mit Palmen eingerahmt war. Sie spendeten kleinen brauen Parkbänken Schatten. Die Kinder spielten in der Mitte des Platzes und am Rande standen hier und da einige Büdchen, die mit ihren Waren nur so überfüllt waren. In der Mitte des Platzes stand ein grosses Schild, an dem ein etwas zerknittertes Plakat heftete. Alexandra war neugierig. Sie ging näher darauf zu und konnte nun erkennen, worum es sich handelte. Auf dem Papier stand in grossen Lettern: "Gran Fiesta de Salsa", darunter "Próximo Sabado, día 17 de Junio" Hinter der Schrift war eine grosse Tribüne zu sehen, mit einer grossen Kapelle und im Vordergrund ein sehr gut aussehender Latino mit brauner Haut und sehr männlichen Gesichtszügen. Das musste wohl der Bandleader der Gruppe sein.

Alexandra war einen Augenblick wie betäubt. Ihr Traum fiel ihr wieder ein....

© C. Domingo

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